Kulturverein Alte Mosterei Eden e.V.
 

Die lebensreformerische Obstbausiedlungsgenossenschaft in Eden.

(Exkursion: Ausstellungsgruppe des Kulturvereins Alte Mosterei Eden e.V.
- Führungen durch die Eden-Ausstellung und über das historische Gelände.) 


Sonntag, 07.07.2024, 10:00  Uhr (Aufteilung in Gruppen)


Die in Oranienburg liegende Siedlung Eden wurde am 28. Mai 1893 von 18 Berliner Vegetariern als erste vegetarische Siedlung in Deutschland unter dem Namen Vegetarische Obstbau-Kolonie Eden e.G.m.b.H. begründet. Sie lag 3 km vom Bahnhof Oranienburg, der nördlichsten S-Bahn-Station von Berlin entfernt, auf einer mageren märkischen Schafsweide von 22 Hektar. Durch mehrfachen Zukauf hat sie seit 1921 eine Größe von 120 Hektar. Dier Gründer wollten sich und ihre Familien vom eigenen Grundstück vegetarisch ernähren. Als nach wenigen Jahren die Erträge größer waren als der Eigenbedarf, verkaufte man die Überschüsse auf verschiedenen Berliner Märkten. Man gründete einen Obstverwertungsbetrieb und beliefert mit den Erzeugnissen Reformhäuser und Einzelpersonen, nicht nur in Berlin, sondern in ganz Deutschland - mit eigenen Lieferwagen oder auf dem Postweg. Dazu gründete man in Eden eine eigene, selbstfinanzierte Postagentur.eine Pension, die später zum Hotel umgebaut wurde und mehrere Siedlerhäuser. Erfolgreich war die Vermarktung der naturreinen Obstprodukte wie Edener Marmeladen, Obst- und Gemüsesäfte, Edener Fleischersatz „Gesunde Kraft“ und die in Eden erfundene Pflanzenmargarine über die Reformhäuser. Anregungen kamen ebenso aus Ideen, die in Friedrichshagener Dichterkreis zirkulierten. Ein entschiedener Förderer war der Soziologe und Genossenschaftssozialist Franz Oppenheimer, der auch das Siedlungsprojekt Bärenklau bei Velten begleitete. Zu den Vorstandsmitgliedern der Genossenschaft gehörte Paul Schirrmeister, eine der führenden Persönlichkeiten der Lebensreform. Der Freiwirtschaftler Silvio Gesell lebte mit
In der ersten Ausbaustufe des Projektes entstanden 79 Gärten, auf denen Heimstätten (Wohngebäude) errichtet wurden. Bis zum Jahr 1900 wurden in der Siedlung 15.000 Obstbäume, 50.000 Beerensträucher, 3.000 Haselnusssträucher, 200.000 Erdbeerpflanzen und 20.000 Rhabarberstauden gezählt. Zur Genossenschaft gehörte neben dem Herstellungsbetrieb eine Schule, die Edener Siedlungsbank, daneben gab es einen Kindergarten, ein Konsumgeschäft und mehrere Handwerksbetriebe. Zwischen 1898 und 1900 wurden mehrere Bauten mit einem von Gustav Lilienthal erfundenen Ein-Kammer Zement-Hohlstein errichtet. Darunter eine Gemeinschaftsunterkunft für „Neu-Edener“,  Unterbrechungen hier. Die Siedlung öffnete sich nicht nur der Lebensreformbewegung, sondern auch völkischen und antisemitischen Tendenzen. So wurde 1916 erklärt, dass zum Siedeln im Sinne der Siedlung eine „deutsch-völkische Gesinnung“ Voraussetzung sei, zu welcher wiederum nur „deutsches Ariertum“ befähige. Deshalb blieb die Siedlung durch den NS-Staat unbehelligt. Andererseits hat sie während der NS-Zeit mehrere ihrer Jüdischen Siedler mit Hilfe des Vorstandes beschützen können. 1938 lebten in Eden 395 Siedler mit ihren Familien, insgesamt etwa 1.300 Menschen. Nach dem 2. Weltkrieg erlebte Eden wieder einen Aufschwung. 1950 gründete die Eden-Genossenschaft mit 2 Partnern einen Tochterbetrieb, der in Bad Soden im Taunus angesiedelt wurde, die EDEN-Waren GmbH, die sich sehr erfolgreich entwickelte und die Reformhäuser in der BRD belieferte. 1972 wurde der Mutterbetrieb in Oranienburg verstaatlicht. Den Antrag auf Rückübertragung 1990 beantwortete die Treuhandanstalt mit der endgültigen Stilllegung des Betriebes durch Entsorgung des Maschinenbestandes. 1990 verkauften die Westdeutschen Gesellschafter ohne Zustimmung der Muttergesellschaft in Eden den Tochterbetrieb in Bad Soden. Heute leben in Eden etwa 1.600 Menschen vom Kind bis zum fast 100-jährigen und es gibt immer noch einen Kindergarten, eine Schule, Ärzte, Physiotherapie, verschieden Handwerksbetriebe und viele Edener, die Ihre Gärten mit Liebe pflegen, um ihr eigenes Obst und Gemüse essen zu können.

DLF-Beitrag unter: 

https://www.deutschlandfunkkultur.de/125-jahre-lebensreformsiedlung-eden-der-traum-vom-100.html


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